Schon jetzt feiert Schaffhausen, obwohl die Stadt erst 1529 reformiert wurde. Die Gründe dafür erläuterte das Patronatskomitee zum Reformationsjubiläum 2017 im St. Johann.

von Alfred Wüger

Vor 500 Jahren begann die Reformation in Deutschland, die Stadt Schaffhausen wurde erst zwölf Jahre später, 1529, mit dem Beginn von Ulrich Zwinglis Wirken in der Schweiz eine reformierte Stadt, und zwar durch einen Beschluss des damaligen Stadtrates.

«Es hätte keinen Sinn ergeben», sagte Münsterpfarrer und Kirchenrat Matthias Eichrodt gestern bei der Vorstellung des Patronatskomitees zum Reformationsjubiläum 2017 in der Kirche St. Johann, «wenn jeder Kanton sozusagen sein eigenes Süppchen gekocht hätte.» Denn die Reformation sei weit mehr als ein kirchlich-theologisches Ereignis gewesen, sie habe in ganz Europa und dann auch weltweit gesellschaftlich wie auch politisch ausgestrahlt und dabei die Welt sowie das Leben der Menschen verändert.

Auf diese umwälzende Auswirkung der Reformation ging Stadtrat Raphaël Rohner ein, indem er darauf hinwies, dass Schaffhausen mit dem Label ­«Reformationsstadt Europas» ausgezeichnet worden sei. Es gibt in ganz Europa 75 Reformationsstädte, zehn davon in der Schweiz. Schaffhausen selbst hat zwei Reformatoren hervorgebracht, einmal Sebastian Hofmeister, der allerdings noch der Stadt verwiesen wurde, und Johann Conrad Ulmer, der die Reformation dann durchsetzte. Seine Briefe, die sogenannten Ulmeriana, liegen in der Stadtbibliothek, und Stadtbibliothekar Oliver Thiele wies auf ein Projekt hin, das dieses zurzeit noch weitgehend unerschlossene Schriftgut digitalisieren und zugänglich machen wird. «Es handelt sich dabei um ein kulturgeschichtliches Zeugnis von europäischem Rang», so Thiele.

Auch beim Stationenpfad, der im Museum zu Allerheiligen eingerichtet wird, steht eine Schaffhauser Persönlichkeit im Mittelpunkt. «Hans Stokar schrieb in den 1520er-Jahren ein sehr persönliches Tagebuch», sagte Museumsdirektorin Katharina Epprecht, «und auf dem Rundgang zeigen wir Gegenstände aus der Zeit, sodass den Besuchern die Augen geöffnet werden für alles, was mit der Reformation zu tun hat.» Ausserdem gibt es Reformations-Stadtführungen in Schaffhausen und in Stein am Rhein, und auf dem Randen wird der Täuferweg eröffnet, der nach Schleitheim, der Heimat des Schleitheimer Bekenntnisses (1527), führt.

Verdienstvoll ist, dass die Schaffhauser Reformierten nicht allein und für sich der grossen zeitgeschichtlichen Umwälzung im ausgehenden Mittelalter gedenken, sondern auch die anderen Landeskirchen in ihre Aktivitäten miteinbezogen haben. Urs Elsener, römisch-katholischer Pfarrer, würdigte Luthers Werk so: «Es brauchte damals eine Kurskorrektur, und im Rückblick sind wir dafür dankbar.» Allerdings spricht er «lieber von einem Gedenkjahr statt von einem Jubiläumsjahr», betonte aber die «sehr guten ökumenischen Beziehungen».

Staatsarchivar Roland E. Hofer, der in seiner Eigenschaft als Vizepräsident des Historischen Vereins ans Rednerpult trat, stellte die Gewalt der Umwälzung dar, die vor 500 Jahren Europa erfasste und im anschliessenden Dreissigjährigen Krieg Millionen von Toten forderte.

Regierungsrat Christian Amsler wies darauf hin, das die Reformation im Sinne von Erneuerung und Innovation weitergehe. «Wir stehen vor einem Globalisierungsschub, der dem der Renaissance im 15. und 16. Jahrhundert in nichts nachsteht.»

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Touristiker Jörg Steiner, Christkatholik Ernst Schuler, Stadtbibliothekar Oliver Thiele, Museumsdirektorin Katharina Epprecht, Katholik Urs Elsener, Stadtrat Raphaël Rohner, Regierungsrat Christian Amsler, Staatsarchivar Roland E. Hofer und Pfarrer Matthias Eichrodt (von links). Bild: Eric Bührer