Die Vorlage der Stadt über die Entwicklung des Kammgarnareals hatte bei der FDP aber keine Chance.

von Jurga Wüger

An der Jahresversammlung der FDP Stadt Schaffhausen ging es heiss her und zu. Wenn beim Jahresbericht des Präsidenten Stephan Schlatter sowie beim Jahresbericht des Fraktionspräsidenten Martin Egger noch Einigkeit herrschte, kam es zu politischen Diskussionen, als es um die Vorlage des Stadtrates über die Entwicklung des Kammgarnareals ging. Als Befürworter der Vorlage trat René Schmidt (GLP) auf. Seinen Argumenten, dass das Kammgarnareal ein Ort zum «Arbeiten, Lernen, Spielen und Geniessen» werden soll – bei Nettoinvestition der Stadt von 15 Millionen und des Kantons von acht Millionen – fügte Schmidt noch hinzu: «Ausserdem gibt es eine moderne Bibliothek als Ersatz für die sanierungs­bedürftige Agnesenschütte, und zwar wieder mit der Ludothek unter einem Dach.» Und er hob die akkreditierte Hochschule im Stadtzentrum und einen grünen Platz in Rheinnähe sowie ein unterirdisches Parkhaus in Zentrumsnähe als Qualitäten hervor. Der Kanton profitiere von «einer modernen, konkurrenzfähigen Hochschule an gut erreichbarer, attraktiver Lage, man sorge für Entwicklungspotenzial für die Pädagogische Hochschule (PH)», und es sei ­zudem eine konkrete Massnahme, um dem akuten Lehrernotstand entgegenzuwirken. All das überzeugte die städtische FDP jedoch nicht.

Martin Egger als Gegner der Vorlage argumentierte wie folgt: Seit 2014 herrsche auf dem Kammgarnareal mehrheitlich Leerstand, das Areal habe hohen baulicher Sanierungsbedarf, und er sagte, dass die Nutzungsangaben im Planungskredit 2018 und in der Vorlage 2019 sich jetzt «plötzlich» unterscheiden. «Erst, als die Sturzenegger Stiftung abgesprungen ist, kam das Thema PHSH auf.» Sauer stösst Egger zudem die Tatsache auf, dass der 4. Stock bereits der PH versprochen sei. Auch die Haltung der Mehrheit im Stadtrat prangerte ­Egger an. Diese sei «kompromisslos und nicht gesprächsbereit» und versuche «mit bewusst falscher Argumentation eine Ideologie durchzusetzen». Die «faktische Abschaffung des Baurechts und die Verstaatlichung des Immobilienwesens in der Altstadt» nehme die Fraktion von FDP und Jungfreisinnigen nicht hin. «Und der Preis für die Vorlage wäre eine Steuererhöhung», so Egger, der stattdessen einen Nutzungsmix vorschlug: Zwei Stockwerke für öffentliche Nutzung, drei Stockwerke für privatwirtschaftliche Nutzung. Abgabe im Baurecht, mit Einfluss der Stadt und ohne eine Steuererhöhung.

Der städtische Bildungsreferent Raphaël Rohner versuchte, die Wogen zu glätten und votierte für die Vorlage, ­genauso wie Marcel Wenger. Wenger bat die Parteikolleginnen und -kollegen, «die Vorlage differenziert zu bewerten». Bei dieser Bitte platzte Grossstadträtin ­Nicole Herren der Kragen. Den Vorwurf, dass hier nicht differenziert argumentiert werde, wollte sie nicht hinnehmen. «Man soll nicht sagen, dass wir die Kammgarn nicht wollen. Wir wollen die Kammgarn, aber nicht mit der PH drin. Und aus diesem Grund lehnen wir die Vorlage ab. Oder müssen wir für den Kanton schauen, wo er seine PH hintut? Ist das unsere Aufgabe? Der Kanton hat den Geissberg und weiss damit nichts anzufangen. Und dann sollten wir es übernehmen? Das kann nicht sein.»

So wurde die Vorlage des Stadtrates über die Entwicklung des Kammgarnareals mit zwei Ja-Stimmen, zwei Enthaltungen und 17 Nein-Stimmen klar abgelehnt. Das Volk stimmt am 30. August über diese Vorlage ab.