Die Löhne des Staatspersonals sollen konkurrenzfähiger werden. Und das Spital in der Lohngestaltung freier.

von Zeno Geisseler und Mark Liebenberg

Wer soll die Löhne in staatsnahen Betrieben eigentlich festlegen können? Und was soll der Kanton wegen der Lohndifferenzen zu anderen Kantonen unternehmen? Um diese Fragen ging es gestern im Kantonsrat. Dieser tagte wegen Corona nicht im historischen Kantonsratssaal, sondern im grösseren Park-Casino.

Zur Debatte standen drei Vorstösse, die zu einem Paket zusammengefasst wurden.

Wider starre Lohnvorgaben beim Spital

Christian Heydecker (FDP, Schaffhausen) wollte den Spitälern, die rechtlich selbständig sind, die Freiheit geben, die Löhne in Eigenregie festzulegen. «Heute setzt der Kanton die Lohnsumme fest, und die Spitäler haben nichts zu sagen.» Er wies die Kritik zurück, dass eine solche Abkoppelung zu tieferen Löhnen führe. «Gute Leute bekommen Sie nur, wenn Sie gute Löhne bezahlen. Das weiss der Spitalrat auch.»

Gute Leute für gute Löhne: Darum ging es auch Katrin Huber (SP, Schaffhausen) und Raphaël Rohner (FDP, Schaffhausen) mit ihrem Vorstoss. Die Schaffhauser Lehrerlöhne seien nicht mehr konkurrenzfähig. Ein junger Familienvater verdiene pro Monat im Kanton Zürich rund 1000 Franken mehr, eine 55-jährige Kindergärtnerin erhalte im Aargau sogar 1600 Franken mehr als in Schaffhausen. Es gehe nicht darum, auf ein Zürcher Niveau zu kommen. Aber eine Erhöhung sei angezeigt. Nicht einmal aus Deutschland würden mehr Bewerbungen eintreffen. Zudem müsse das kantonale Lohnsystem integral überprüft werden.

«Wir werden nicht darum herumkommen, das Lohnsystem grundsätzlich zu prüfen.»

Rainer Schmidig, Kantonsrat (EVP)

Das Lohnsystem war auch beim dritten Vorstoss ein Thema. Dieser, gemeinsam eingereicht von Rohner und Rainer Schmidig (EVP, Schaffhausen), verlangte, dass im Einklang mit den Lehrerlöhnen auch die Gehälter bei der Polizei und in der Pflege angehoben werden sollten – aber nicht nur. «Wir werden nicht darum herumkommen», sagte Schmidig, «das Lohnsystem grundsätzlich zu überprüfen.» Und dies so schnell wie möglich.

Ratsmehrheit will Gesamtanalyse

Die Regierung anerkannte gestern, dass die Konkurrenzfähigkeit des Kantons als Arbeitgeber aufgrund der unterschiedlichen Lohnniveaus in den letzten Jahren eingeschränkt war. Sie bestätigte ausdrücklich auch, dass ein grösserer Spielraum des Spitals bei der Lohnpolitik wünschenswert sei. Finanz- und Personaldirektorin Cornelia Stamm Hurter (SVP) betonte aber, dass eine separate Anpassung für einzelne Berufsgruppen ein heisses Eisen sei. «Eine Neubeurteilung der Löhne muss nach stimmigen, intern schlüssigen Kriterien erfolgen.» Sonst schaffe man mehr Unfrieden, als man Probleme löse. «Es drohen Lohnklagen und rechtliche Unsicherheit.»

Stattdessen schlug die Regierung deshalb vor, «ohne Druck und in Ruhe» das gesamte Besoldungswesen einer Gesamtschau zu unterziehen und so zu analysieren, wo man für die genannten Gruppen (Pflege, Lehrkräfte, Blaulichtorganisationen) Abhilfe schaffen kann. Diese Idee kam mit 33 zu 17 Stimmen durch.

In der Debatte zeigte sich grossmehrheitlich Zustimmung zu den beiden Postulaten – nicht aber zu Heydeckers Vorstoss. Ernst Sulzberger (GLP, Schaffhausen) sagte, es drohe am Spital «Lohndumping». «Es würde die mittleren und unteren Chargen treffen, die sich Tag für Tag und Nacht für Nacht abrackern.» Redner aus AL/Grünen und der SP/Juso witterten einen weiteren Privatisierungsschritt am Spital, worunter jene Berufsgruppen zu leiden hätten, die gerade noch in der Coronakrise als systemrelevant beklatscht worden sind.Zum Durchbruch verhalf dem Spitalvorstoss indes die grösste Fraktion von SVP und EDU, weshalb er mit 31 zu 24 Stimmen angenommen wurde. Kritisch hatte sich die SVP dagegen zu den anderen beiden Vorstössen gezeigt. Der Zeitpunkt sei falsch. «Die Regierung sollte sich jetzt mit der Bewältigung des Coronaschocks befassen, statt jahrelang eine Analyse des Lohnsystems vorzunehmen», sagte Thomas Stamm (SVP, Schaffhausen). Eine Rezession drohe, und in den letzten 15 Jahren seien die Löhne des Staatspersonals im Schnitt um 15 Prozent gestiegen. «Gibt es in der Privatwirtschaft etwas Vergleichbares?»