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Schaffhauser Nachrichten: Erster Ökumenische Medienpreis der Schaffhauser Landeskirche: Das sind die Gewinner

12 Apr. 2024

Am Mittwochabend wurde zum ersten Mal der Ökumenische Medienpreis der Schaffhauser Landeskirchen an drei Personen...

Vor 100 Jahren ereignete sich das bislang schlimmste Bootsunglück auf dem Rhein bei Schaffhausen: Von neun Pontonieren überlebten drei die Fahrt nicht.

von Alexandra Joho

1920 sah die Welt entlang des Rheins bei Schaffhausen noch anders aus: Das Kraftwerk sollte erst 43 Jahre später in Betrieb genommen werden, der Bauabschluss erfolgte 1967. Bis zu seiner Sprengung 1959 dominierte an dessen Stelle, weiter flussaufwärts, der 1866 erstellte Moserdamm, das erste Wasserkraftwerk am Hochrhein, mit seinem einzigartigen, bogenförmigen eisernen Steg als Verbindungsstrasse. «Meine Schwester wusste zu erzählen, wie man früher Äpfel und Bohnen auf den Generatoren trocknen und dörren liess», heisst es bei Christian Stamm, Obmann der Ehemaligen Pontoniere, der «Ankerrödler». Der Rhein war wilder, unberechenbarer. Als Kind wohnte Stamm bei der Schifflände und erlebte dabei auch die mehrfache Überschwemmung der Unterstadt, vor allem der Fischerhäuserstrasse, mit. «Wenn kein Gang eingelegt und keine Handbremse angezogen war, landeten hin und wieder auch Autos im Rhein.» Stamm erzählt von den mittlerweile verschwundenen «Wöschschiffen» am Ufer, vom alten Rabenplatzschulhaus und den Fussballpartien im Schulhof, bei denen der Ball gerne mal ein Bad im Fluss nahm und möglichst rasch mit einem Fischdegen, vom Restaurant «Schweizerhof» ausgeliehen, herausgefischt werden musste.

Die Pontoniere Schaffhausen, Anfang Februar 1881 offiziell als Verein gegründet, hatten bis 1920 einen stetigen Aufschwung genossen. Der Betrieb wurde professioneller, erfreute sich steigender Beliebtheit. An den eidgenössischen Pontonierwettfahrten heimste man nach Startschwierigkeiten mehr und mehr Auszeichnungen ein. 1917 zählte man stolze 137 Mitglieder, dreissig Jahre später sollten es sogar deren 700 sein.

Von der Pfingstflussfahrt beflügelt

Wer vom Vorfall von Anfang Juli 1920 spricht, muss einen Teil der Vorgeschichte kennen. Wenige Monate zuvor, an Pfingsten, hatten sich die Schaffhauser Pontoniere an einem wagemutigen Unterfangen versucht: eine nicht ungefährliche Bootstour ab Luzern, die Reuss hinunter, ab Windisch und Gebenstorf über die Aare auf den Rhein, bis nach Basel. «Da hat es zum Teil spektakuläre Passagen, insbesondere in der Nähe der Kraftwerke», sagt Stadtarchivar Peter Scheck. Die Mutprobe gelingt, ohne Zwischenfall. Im Jahresbericht findet sich ein Tagebuch der Reise. Durch den Adrenalinschub befeuert, denken sich mehrere junge und motivierte Pontoniere den nächsten Schritt zur Demonstration der eigenen Fähigkeiten aus: das Passieren der damaligen Felsformationen und der «Lächen», der Stromschnellen mitten im Rhein, etwa hundert Meter oberhalb des Standorts des heutigen Kraftwerks. Für Christian Stamm eine «leichtsinnige» Idee. Die Partie bis zum Frauefels auf Flurlinger Seite galt schon immer als «unpassierbar», die Waren, die auf dem Schiffsverkehr vom Boden- und Untersee her geliefert wurden, mussten hier auf die Strasse umgeladen werden. Angeblich soll in den Jahren und Jahrzehnten vor 1920 einmal ein Boot die Passage unbeschadet überstanden haben, diese Geschichte grenze heute aber mehr an einen Mythos als an die Realität, so Scheck dazu. Die Wasserstrudel und Strömungen, heute noch im Bereich der Feuerthaler Rheinbrücke ansatzweise zu sehen, bedeuteten damals höchste Gefahr, besonders bei höherem Wasserstand.

«Eine saubere Fahrt wäre möglich ­gewesen, aber dazu hätten die Kupplungen halten ­müssen.»

Peter Scheck, Leiter, Stadtarchiv Schaffhausen

Zur zunächst als «geheim» deklarierten Aktion versammeln sich am frühen Abend des 2. Juli 1920 neun Pontoniere bei ihrem damaligen Depot beim Salzstadel und beginnen damit, ihren Dreiteiler geflissentlich zu präparieren; die Verbindungen werden bewusst doppelt geschnürt. Gegen 20 Uhr geht die Fahrt unter der Leitung von Fahrchef Georg Meister los, Dutzende von Schaulustigen zieren das von der Abendsonne beleuchtete Rheinufer. Zunächst muss die Verbauung des Moserdamms überwunden werden, doch hier nimmt das Unglück bereits seinen Lauf. Der Ponton ist dem hohen Wasserdruck nach dem Fall von der Damm-Mauer nicht gewachsen, er stellt sich quer, die Kupplungen werden gesprengt, die beiden vorderen Kompositionen füllen sich schnell und fast vollständig mit Wasser. Derart manövrierunfähig, zieht das Wasser den weitaus schwerer gewordenen Dreiteiler und seine Insassen von der ursprünglich geplanten Route, dem Feuerthaler Ufer entlang, mitten in Richtung der Schnellen, zur gefährlichsten Stelle des damaligen Schaffhauser Rheinverlaufs.

Verbindungen bis heute

In wenigen Sekunden ist alles vorbei: Das Schnabelstück verkeilt sich in den Felsen, der Dreiteiler wird der Länge nach aufgestellt und überschlägt sich. Die Insassen werden wie Zündhölzer aus dem Boot geschleudert.

Es gibt ein Bild des Unglückszeitpunkts, das ein Mitwisser der Tour gemacht haben muss, «höchstwahrscheinlich stammt es von Foto Koch (Hans-Carl Koch). Insgesamt existieren etwa zehn verschiedene Aufnahmen von der Unglücksfahrt», erklärt Scheck. Auf dem Foto, welches das Boot in den «Lächen» zeigt, sind mindestens zwei, wenn nicht sogar drei Pontoniere vorne bereits von den Wassermassen verschlungen worden. Es muss sich wohl um die drei Fahrer handeln, deren leblose Körper in den darauffolgenden Tagen im Rheinfall­becken, bei Rheinau und Rüdlingen aufgefunden werden. Sechs Männer können sich ans Ufer retten. Zwei Neuhauser, Jakob Bächtold (34) und Hans Leu (26), sowie ein Flurlinger, Erwin Scherz (25), sind nicht mehr. Die drei kannten sich gut, alle waren sie bei der Rauschenbach AG im Ebnat angestellt. «Jakob Bächtold war gemäss dem ‹Schaffhauser Boten› der Sohn des damaligen Schleitheimer Landjägers», weiss Christian Stamm zu berichten. Der damals überlebende Fahrchef ist mit Peter Scheck verbunden: Meister war der Grossvater von Schecks Ehefrau. Eine Tatsache, auf die Scheck erst durch die Spurensuche im Archiv aufmerksam wurde.

Gedenkanlass am 2. Juli

Die anschliessende Anteilnahme in der Region im Sommer 1920 ist gross, durch Spenden (unter anderem dank des Heimspielerlöses des FC Schaffhausen zum Saisonauftakt 1920/1921 und der Pontoniere Schaffhausen) kommen am Ende gesamthaft 6000 Franken für die Hinterbliebenen der drei betroffenen Familien zusammen, inflationsbereinigt heute gegen 30'000 Franken.

Das Gemeinschaftsgrab im hinteren Bereich des Friedhofs Neuhausen, der damals anders aussah als heute, wurde 1945 nach der 25-jährigen Pietätsfrist wieder aufgehoben. Die Pontoniere Schaffhausen gedachten bis 1950 ihrer ehemaligen Kollegen, danach geriet das Ereignis immer mehr in Vergessenheit. Nur die «Ältesten» wussten und wissen noch davon zu erzählen. «Die Devise danach war: ‹So etwas darf nie mehr passieren›», so Stamm. Eine saubere Fahrt wäre möglich gewesen, aber dazu hätte das Boot halten müssen, meint Scheck, «wenn nur die Kupplungen gehalten hätten». Heute wäre so ein Unfall vermeidbar, nicht nur, aber auch aufgrund der strengeren Sicherheitsbestimmungen. Nicht zuletzt seit dem Unglück auf dem Berner Saxetenbach im Sommer 1999 sind auch bei den Pontonieren Schwimmwesten Pflicht.

An diesen schicksalshaften Tag erinnern die Pontoniere Schaffhausen, dank der Recherche von Christian Stamm und unterstützt durch das Stadtarchiv Schaffhausen, am 2. Juli. Beginn ist ab 18 Uhr beim ehemaligen Pontonierdepot beim Salzstadel – nach Grussworten von Regierungsrätin Cornelia Stamm Hurter und Stadtrat Raphaël Rohner folgt die Kranzniederlegung auf der Feuerthaler Rheinseite, auf der Höhe des Unglücksorts. Anschliessend führt der Weg, geleitet durch den Projektleiter Uferunterhalt der Städtischen Werke, Walter Vogelsanger, zurück zum Salzstadel und zur Eröffnung der dreitägigen Ausstellung rund um das Unglück; die Einführung übernimmt Peter Scheck. Zu sehen ist neben Informationstafeln und Originalaufnahmen vom Moserdamm auch einer der mittlerweile im Pontonierdienst selten gewordenen Dreiteiler; das Exponat stammt aus dem Militärhistorischen Museum Burgdorf.

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