Schaffhauser Kinder sollen beim Schuleintritt besser Deutsch sprechen - ob Eltern ihre Kinder aber in die Förder-Spielgruppe schicken wollen, bleibt vorerst ihnen überlassen.
von Daniel Jung
Der Kanton Thurgau will, dass Eltern von in der Schweiz geborenen Kindern zur Kasse gebeten werden können, wenn ihre Kinder beim Eintritt in den Kindergarten kein Deutsch sprechen: Sie sollen sich an den Kosten von Sprachkursen beteiligen. Der Thurgauer Grosse Rat will hier beim Bund mit einer Standesinitiative Integrationskosten vorstellig werden.
Im Grundsatz gilt in der Schweiz das Prinzip, dass die obligatorische Volksschule unentgeltlich ist. Dieses Prinzip hat das Bundesgericht im letzten Jahr nochmals bestärkt, weshalb seither auch für obligatorische Klassenlager und Ausflüge nur noch Verpflegungspauschalen verrechnet werden dürfen. «Auch im Kanton Schaffhausen ist dieser Grundsatz im Schulgesetz festgeschrieben», sagt der Schaffhauser Bildungsreferent Raphaël Rohner.
Guter Rücklauf der Fragebögen
In der Stadt Schaffhausen läuft seit Anfang Jahr ein Pilotprojekt zur frühen Deutschförderung. Aktuell findet die Sprachstanderhebung statt: Dafür sollen die Eltern von Kindern, die 2020 in den Kindergarten kommen, einen Fragebogen ausfüllen. Dieser wurde im Januar erstmals verschickt. «Der Rücklauf ist bis jetzt über Erwarten gut», erklärt Rohner.
Als das Projekt im Januar vorgestellt wurde, gab die Stadt bekannt, dass der Anteil der Kinder, die beim Kindergarteneintritt Sprachförderbedarf aufweisen, in der Stadt zuletzt bei 49 Prozent gelegen habe. Ein Jahr zuvor lag dieser Anteil noch bei 36 Prozent. Pro Jahr kommen in der Stadt rund 300 Kinder neu in den Kindergarten.
«Die deutsche Sprache ist entscheidend für den Bildungserfolg eines Kindes», sagt Rohner. Bis hin zur Chancengleichheit bei der späteren Berufswahl seien die frühen Deutschkenntnisse bedeutsam. Wenn Schülerinnen und Schüler die deutsche Sprache beherrschten, würden zudem Lehrpersonen und das ganze Schulsystem entlastet. «Deshalb ist die frühe Deutschförderung so wichtig», sagt Rohner.
Im Schaffhauser Modell ist es vorgesehen, dass Kinder mit Förderbedarf vor dem Kindergarteneintritt eine «Mitenand»-Spielgruppe besuchen, um ihre Deutschkenntnisse zu verbessern. Die Teilnahme ist aktuell noch komplett freiwillig. «In der fünfjährigen Pilotphase haben wir keine Möglichkeiten, Eltern, die nicht mitmachen wollen, in irgendeiner Form zu zwingen», sagt Rohner. Genau deshalb sei die Überzeugungsarbeit so wichtig.
Für «selektives Obligatorium»
In der Vorlage des Stadtrats wurde diskutiert, später eventuell das Modell des «selektiven Obligatoriums» anzuwenden, wie es Basel-Stadt macht. Hier ist es möglich, Eltern mit Bussen zu belegen, wenn sie sich weigern, ihre Kinder mit Sprachdefiziten in die Sprachförderspielgruppe zu schicken.
Sollte eine Zwangsregelung in der nach der Pilotphase vorgesehenen Verordnung enthalten sein, findet Rohner dieses Basler Modell überzeugender als der Thurgauer Ansatz. Er sagt: «Man muss den Druck nicht dort aufsetzen, wo es schon zu spät ist, sondern dort, wo man tatsächlich noch Erfolgschancen hat.» Dies sei ganz klar im Bereich der Frühförderung.